von Prof. Stefan Müller-Teusler, Geschäftsführer Paritätischer Wohlfahrtsverband Niedersachsen e. V., Kreisverband Uelzen
Der personelle Notstand in der Pflege ist keine neue Erkenntnis, aber das Warten auf die Politik bringt auch keine Lösung. 2016 haben sich verschiedene Unternehmen in der Pflege (ambulant, teilstationär und stationär) zusammengeschlossen, um gemeinsam Menschen vom Balkan als Auszubildende für die Pflege anzuwerben. Der Balkan wurde aus zwei Gründen gewählt:
- Zum einen sind dort viele Menschen, die während des Bürgerkrieges in deutschsprachigen Ländern zur Schule gegangen sind, damit ist der Spracherwerb kein großes Problem.
- Zum anderen gibt es nach wie vor leider eine hohe Arbeitslosigkeit mit wenig sozialer Absicherung, so dass die persönlichen Perspektiven im Einzelfall leider sehr unsicher sein können.
Außerdem gibt es eine Pflege, wie sie in Deutschland qualifiziert und praktiziert wird, auf dem Balkan nicht, insofern werden auch keine regionalen Fachkräfte dort weggenommen.
Die Pflegeunternehmen sind sowohl privatwirtschaftlich als auch wohlfahrtlich tätig und haben einen Verein gegründet, über den die gesamte Organisation erfolgt. Auf dem Balkan gibt es eine Kontaktperson, die aus Deutschland stammend dort sein vielen Jahren lebt und die Spezifika der Region bestens kennt. Über eine Website (www.pflegekarriere-uelzen.de) wird für die Ausbildung in Deutschland geworben und die Bewerber*innen werden vor Ort beraten hinsichtlich der Voraussetzungen inklusive Prüfung der bisher erworbenen Qualifikationen, ob diese den deutschen Anforderungen genügen. Die im Verbund tätigen Unternehmen bekommen dann eine Liste zur Verfügung gestellt, auf der relevante Informationen zu den einzelnen Personen festgehalten sind. Danach wählen die Unternehmen in einer Vorauswahl für sie interessante Menschen aus. Im nächsten Schritt gibt es die Möglichkeit, entweder vor Ort mit einigen Menschen Bewerbungsgespräche zu führen oder dieses per Skype durchzuführen. Bevor die Ausbildung beginnt, werden die Menschen nach Uelzen zu einer Kennen-lern-woche eingeladen, wo sie Unternehmen, die Region und das Arbeitsfeld erkunden. Dann steht einem Ausbildungsbeginn nichts mehr im Wege außer das erforderliche Visum. Für die Unterbringung der Azubis ist jedes Unternehmen selbst zuständig. Inzwischen hat die erste Generation der Azubis vom Balkan erfolgreich die Ausbildung abgeschlossen und ist in den diversen Betrieben tätig. Da es sich in der Regel um Menschen mit bereits anderen abgeschlossenen Ausbildungen handelt, sind es Personen mit einiger Lebenserfahrung, die nun engagiert und fachlich gut qualifiziert in der Hilfe und Unterstützung von Menschen beruflich tätig sind.